Portrait von Magdalena Neff (geb. Meub), Fotografie: Atelier Oskar Suck, Digitalisat einer Vorlage in Privatbesitz. KIT-Archiv 28010 I 7884.
Ein Recht auf die »ordentliche« und damit abschlussberechtigte Zulassung zum Studium erhielten Frauen zuerst in Baden. Als erster Bundesstaat des Deutschen Reiches beendete das Großherzogtum im Jahr 1900 den bis dahin wirksamen Ausschluss der Frauen vom Erwerb akademischer Qualifikationen. An der Technischen Hochschule Karlsruhe immatrikulierte sich mit Magdalena Meub die erste Frau zum Wintersemester 1904/05. Magdalena Meub wurde am 9. Februar 1881 in Karlsruhe als Tochter des Bäckermeisters Meub geboren. Sie trat 1893 in das erste deutsche Mädchengymnasium in Karlsruhe ein und verließ es 1899 mit dem Abitur. Danach war sie erster weiblicher Apothekerlehrling in Deutschland und absolvierte erfolgreich das sogenannte Gehilfenexamen. Dieses qualifizierte sie zum Studium, da das Abitur des Mädchengymnasiums in Karlsruhe offiziell erst durch eine Verordnung im Jahr 1904 mit dem Abitur von Gymnasien für junge Männer gleichgestellt wurde. Bis 1906 studierte Magdalena Meub an der Technischen Hochschule Karlsruhe Pharmazie und bestand ihre Staatsprüfung mit Auszeichnung. Im Jahr ihres Abschlusses heiratete sie den Apotheker Adolf Neff und erwarb mit ihm die Löwenapotheke in Ehingen an der Donau, die sie bis 1954 gemeinsam mit ihrem Mann führte. Magdalena Neff, geb. Meub, war in mehrfacher Hinsicht eine Pionierin. Als eine der ersten Abiturientinnen und die erste studierte Apothekerin Deutschlands ebnete sie den Weg für viele ihrer Nachfolgerinnen und gilt als Begründerin eines Frauennetzwerkes, aus dem der Bund deutscher Pharmazeutinnen hervorging. as
Über Jahrhunderte hinweg waren die Universitäten ganz selbstverständlich für die wissenschaftliche Ausbildung der männlichen Jugend verantwortlich. Als sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ersten Frauen an die deutschen Universitäten wandten und um Zulassung zum Besuch von Vorlesungen baten, gab es keinerlei gesetzliche Bestimmungen, die dem im Wege gestanden hätten. Allerdings handelte es sich bei diesen Frauen zunächst fast ausschließlich um Ausländerinnen. In Baden sorgte der Fall von Sofja Kovalevskaja für Aufsehen. Sie hatte zum Sommersemester 1869 in Heidelberg beantragt, Vorlesungen in Mathematik, Physik und Chemie besuchen zu dürfen. Diese Anfrage führte eine Grundsatzentscheidung des Senats herbei, wonach in bestimmten Fällen, unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, Frauen Vorlesungen besuchen durften, sofern der betreffende Dozent keine Bedenken hatte. Wie auch an anderen Universitäten im Kaiserreich stiegen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Zahlen der Hörerinnen an den badischen Universitäten deutlich an. Zumeist studierten die Frauen zum Zwecke der Weiterbildung ohne Prüfung, einzelne erlangten jedoch die Promotion. Von einem systematischen Studium waren diese Frauen jedoch weiterhin ausgeschlossen. Anders als bei männlichen Studierenden konnte die Erlaubnis zum Besuch der Vorlesungen jederzeit widerrufen werden. Eine ordentliche Immatrikulation war auch gar nicht möglich, da die Frauen keine Berechtigung für den Zugang zu deutschen Hochschulen erwerben konnten. Den Aktivistinnen der Frauenbewegung war bewusst, dass sich weitere Schritte auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau nur durch gleichwertige Bildungschancen erreichen ließen. Deshalb war die Bildungsfrage der Kernpunkt der bürgerlichen Frauenbewegung. Nach Vorbildern in Prag und Wien eröffnete der Verein Frauenbildungsreform im Februar 1893 auch ein Mädchengymnasium in Karlsruhe. Nach sechs Schuljahren legten 1899 die ersten vier Mädchen das Abitur ab. Dieses Gymnasium bot die wohl beste Vorbereitung auf das Abitur, weshalb nach dem Karlsruher Vorbild weitere Schulen im Kaiserreich eingerichtet wurden. Baden erlaubte zum Sommersemester 1900 als erstes Land im Kaiserreich die ordentliche Immatrikulation von Frauen an den Landesuniversitäten. Die anderen Länder im Reich ermöglichten den immer zahlreicher werdenden Abiturientinnen die Immatrikulation an den jeweiligen Landesuniversitäten wenig später. Auf Baden folgten zunächst Bayern, zum Wintersemester 1903/04, und Württemberg, dieses im Sommer 1904. Bis zum Jahr 1909 war die Immatrikulation von Frauen in allen Ländern und Universitäten des Kaiserreichs eingeführt. Marco Birn